Endlich geht es heute los mit meiner Aktion „… is(s)t anders“, in der ich euch Menschen vorstelle, die sich besonders ernähren. Aus welchen Gründen auch immer – das können persönliche sein oder solche gesundheitlicher Natur. Oft werden Lebensmittel-Intoleranzen oder auch persönliche Überzeugungen verheimlicht. Lieber wird darüber geschwiegen, als eine Fülle an kritischen Fragen und spitzen Bemerkungen zu riskieren. Dabei ist jeder einzelne von uns, egal ob Paleo-Fangirl oder Rotwein-Ignorant, etwas besonderes und verdient einen liebevollen tieferen Blick.
Den Anfang macht heute Marlis mit ihrem Avocado-Nussbrot. Sieht das nicht einmalig aus? Normalerweise bloggt Marlis auf Marille’s Cuisine, doch heute hat sie eine Ausnahme gemacht und sich mit mir an den Frühstückstisch gesetzt.
Marlis, du bist die Erste meiner Blogreihe „… is(s)t besonders!“ – und ich freue mich riesig, dass du dabei bist. Erzähl doch ein bisschen darüber, warum du so besonders isst!
Hallo Conny, erst mal vielen Dank, dass ich mich und meinen Blog und eben auch meine besondere Ernährungsweise bei dir vorstellen darf! Vielleicht fange ich damit an, dass ich früher völlig normal essen konnte und nachgewiesen theoretisch weder irgendeine eine Intoleranz, noch eine Unverträglichkeit habe. Aus heiterem Himmel fingen vor Jahren irgendwann Magen- und Verdauungsbeschwerden an, die immer öfter kamen und immer schlimmer wurden und irgendwann einfach blieben. Nach einer jahrelangen Ärzteodyssee bekam ich die Diagnose „Reizdarmsyndrom“. Was so viel heißt wie: Irgendwas stimmt da bei Ihnen im Verdauungssystem nicht; aber Sie sind organisch völlig gesund und wir können nichts für Sie tun, sorry, finden Sie sich damit ab! Reizdarmsyndrom ist nämlich nicht wirklich behandel- oder heilbar wie ein Schnupfen – es gibt eben nicht DIE Lösung. Über die Jahre konnte ich immer weniger essen, ohne dass ich plötzlich aussah, als wäre ich im 9. Monat schwanger – vor allem Obst, Gemüse und alles was, eben sonst noch so bläht. Ich hab’ in den letzten sechs Jahren vermutlich alles an Therapien und Methoden probiert, von pflanzlichen Mitteln bei abgedrehten Heilpraktikern, die man sechs mal mit dem Löffel linksrum mit der starken Hand ins Wasser einrührt, bis hin zu Antibiotikatherapien und Klinikaufenthalten. Und hab’ jahrelang einfach hingenommen, dass es mir nach dem Essen schlecht geht, bis Anfang 2014 so ein Knackpunkt kam, an dem ich mich nicht mehr damit abfinden wollte und konnte.
Wie hat sich dein Leben seit deiner Ernährungsumstellung verändert? Auch in Hinblick auf Restaurantbesuche oder wenn du Gäste hast. Kochst du dann separat?
Erst mal war es furchtbar anstrengend und irgendwie musste ich essen total neu „lernen“. Ich hab’ einen kompletten Urlaub lang damit verbracht, aktuelle Literatur, Erkenntnisse und Ernährungsmethoden zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten und –Intoleranzen zu wälzen. FODMAP, Paleo, vegane Küche, Kreuzallergien, Intoleranzen und was es nicht alles gibt. Zwar hatte ich früher schon mal zeitweise z.B. glutenfrei oder lactosefrei gegessen, aber immer erfolglos. Erst seit ich alles ganzheitlich umgestellt habe, sind diese enormen Verbesserungen eingetreten! Es hieß dann wirklich Schritt für Schritt über Wochen (ich bin immer noch dran!) zu testen, welches Lebensmittel geht und welches nicht. Die Lebensmittel waren vorausgewählt, aus Erfahrung und auf Basis meiner Recherchewut. Und es sind bisher auch nicht hunderte Lebensmittel. Aber es hat sich gelohnt und tut es immer noch! Diese aufgebläht sein und was ein Reizdarm noch so mit sich bringt, hat sich auf ein wirklich erträgliches Minimum reduziert und ich kann Tage nicht mehr nur „überleben“ sondern sogar Spaß daran haben. Und witzigerweise, war ich NACH der Umstellung das erste mal seit Jahren wieder essen! Und es ging! Sobald man in einem halbwegs vernünftigen Restaurant isst, kochen die einem nämlich ohne Probleme zum Beispiel leckeren Fisch mit Spinat und Kartoffeln ohne Gewürze, man muss nur nett fragen. Und ins Büro und wenn ich unterwegs bin, bringe ich grundsätzlich mein eigenes Essen mit. Offenheit hilft da sehr und die meisten finden es schnell auch gar nicht mehr komisch. Ich nehme auch ins Café meine eigene Reismilch mit. Klar ist das aufwendig, aber das spielt sich schnell ein. Und wo ich öfters bin, deponiere ich einfach ein paar haltbare Lebensmittel, im Büro zum Beispiel. Mittlerweile kann ich sogar ein paar wenige Gemüsesorten sehr gut essen und hab’ beim Essen weniger Angst, ob danach was in meinem Körper passieren könnte. Ach ja, schummeln tu ich natürlich auch ab und zu, so ganz ohne Schokolade kann und will ich ja auch gar nicht…
Auf den ersten Blick wirken die Leckereien auf deinem Blog Marille’s Cuisine so, als müsstest du auf nichts verzichten. Was unterscheidet deine Rezepte von anderen?
Also man kann auf meinem Blog deutlich den Wendepunkt in meiner Ernährung feststellen. Bis Anfang/Mitte Januar hab’ ich relativ „normal“ gegessen und eben nur die Sachen auf die ich schlimm reagiere wie Obst, Gemüse, fettiges und scharfes Zeug weggelassen. Deshalb gibt es bis dahin auch völlig normale Rezepte. Ab der Umstellung hat sich bei mir alles um 180 Grad gedreht. Alle meine Rezepte sind völlig allergiefreundlich und reizarm. Das heißt sie sind glutenfrei, lactosefrei, frei von Zucker und Zuckeraustauschstoffen (ich verwende nur Reissirup), hefefrei und sojafrei. Außerdem verwende ich so gut wie keine Kräuter und Gewürze, wegen meiner möglichen Kreuzallergien. Nur Nüsse und Eier im Brot, das vertrage ich nämlich beides. Und ab und zu gibt es trotzdem das eine oder andere normale Rezept, wenn ich zum Beispiel für Geburtstage backe.
Magst du zum Abschluss noch ein paar Tipps verraten, die anderen Betroffenen das Leben und vor allem das Genießen erleichtern?
Sehr gerne! Ich finde das Wichtigste bei so einer „Erkrankung“ oder generell Intoleranzen oder Unverträglichkeiten ist, das offen zu sagen. Vielleicht kostet das am Anfang Mut (Reizdarm ist ja jetzt nicht ein sooo dolles Thema), aber es vermeidet so viele unnötige Missverständnisse auf beiden Seiten. Ach ja und lernen, gut auf sich selbst zu achten. Wenn ich merke es geht mir nicht gut, dann sag ich eben auch eine Verabredung ab, anstatt mich wie früher einfach hinzuschleppen (das gilt auch mal für diese Völlerei-artigen Verwandtschaftsbesuche und –feste!). Beim Essen kann ich nur sagen: Testen und am besten ein Ernährungstagebuch führen, das kann wirklich interessante Sachen zeigen. Ich kann zum Beispiel problemlos Kaffee trinken, bis 14 Uhr. Danach vertrag ich ihn eher schlecht. Spinat geht gut, aber nicht mehrere Tage hintereinander, solche Sachen eben. Und was ich immer für den Notfall daheim habe: Jeden Menge Reiswaffeln/Reisbrot (mit Fruchtgeschmack aus der Babyabteilung) und Avocado für den Hunger zwischendurch. Man kann sich übrigens auch gut daran orientieren, was Babys essen dürfen. Die bekommen nämlich sehr verträgliche Nahrungsmittel. Und wenn’s mal megasuperduper schlimm mit den Symptomen ist, schwöre ich auf ein paar Tage nur gesalzenen Reis und Wasser, hilft totsicher (auch wenn’s einem recht schnell zum Hals raushängt)! Aber der allerbeste Ratschlag an alle Betroffenen da draußen: Nie aufhören daran zu glauben, dass es besser wird und man das selbst beeinflussen kann!
Welches Rezept hast du heute mitgebracht?
Für mich war ja wirklich die größte Hürde das Thema Brot! Ich liebe Brot! Und es gibt zwar doch einige glutenfreie Sorten, aber die sind immer mit Hefe, Zucker oder sonst irgendwas (oder schmecken schlichtweg nicht). So kam bei mir die Leidenschaft für’s Brot backen und ständig neue Kombinationen auszuprobieren. Heute habe ich ein super saftiges und unwiderstehliches Avocado-Brot mit Nüssen mitgebracht. Gesundes verträgliches Brot ist nämlich nicht nur einfach zu backen, sondern schmeckt extrem gut und ist viel günstiger als gekauftes.
Avocado-Nuss-Brot – für eine 21er Kastenform
Der andere wie ich finde unschlagbare Vorteil ist: Die Zubereitung ist total easy und schnell, also wirklich auch für Laien absolut machbar!
Zutaten:
- 250g Zucchini
- 1 ziemlich reife Avocado
- 1 große Hand voll Nüsse (Walnüsse, Cashewkerne, Haselnüsse, Mandeln, Paranüsse)
- 3 EL Mix aus Sonnenblumenkernen, Kürbiskernen, Sesam
- 1 EL Maulbeeren
- 1 TL Hanfsamen
- 150g Hirsemehl
- 50g Hirseflocken
- 100g Kartoffelmehl
- 1 Pk. Weinsteinbackpulver
- 1-2 TL Salz
- 2 EL Chia Samen
- 1 EL Mandelmus
- 2 Eier
- ca. 100-150 ml Mandelmilch
Als Erstes raspelt ihr die Zucchini grob, zerdrückt die Avocado mit einer Gabel zu Brei und heizt den Backofen auf 185°C vor. Dann mischt ihr beides mit den ganzen trockenen Zutaten grob mit einem Löffel durch. Jetzt kommen Mandelmus und die Eier dazu und erst mal 100ml Milch. Wenn die Zucchini sehr wässrig ist reicht das; ansonsten gebt ihr einfach noch ein bisschen dazu. Den Teig füllt ihr in eine mit Backpapier ausgelegte Kastenform und die kommt dann zusammen mit einer Tasse Wasser für 65-70 Minuten in den Ofen. Ganz wichtig: Das Brot erst ein paar Minuten in der Form abkühlen lassen, dann mit dem Backpapier rausheben und das erst lösen, wenn das Brot erkaltet ist. Sonst klebt nämlich das Brot dran fest. Tipp: Die Scheiben eher dicker abschneiden, das Brot ist bröseliger als normales. Und am besten bewahrt ihr es wegen der Eier im Kühlschrank auf, da hält es sich auch gut 3 Tage
Abschließend hab ich noch ein paar Anmerkungen für euch:
- Wer keine Eier verträgt – das geht sicher auch mit Ei-Ersatz oder Chia Samen als Bindemittel, ich hab’s aber noch nicht ausprobiert
- Statt Mandelmilch schmeckt übrigens auch jede andere Art von pflanzlicher Milch oder Wasser
- Bei den Mehlen schwöre ich auf meinen indischen Mini-Foodmarket! Dort und auch beim Asiaten gibt’s eine riesige Auswahl und der Preis ist um ein vielfaches niedriger als im Bioladen.
Hach – das Lampenfieber verwandelt sich grade in pure Euphorie, wenn dieser Post online geht. Denn wie es halt so ist mit Herzensangelegenheiten, fallen dir Dinge in die Arme, mit denen du gar nicht gerechnet hast. Marlis, es ist schön, dich hier zu haben, Schwester im Geiste! Komme jederzeit gerne wieder!
Isst du auch besonders? Dann lass es mich wissen und werde mein Gast, ich freue mich!
6 Comments
Oh das Brot klingt echt lecker… aber da sind ja unglaublich viele Zutaten drin, die ich erstmal kaufen müsste… Ob man das eine oder andere weglassen oder ersetzen könnte??
Zum Beispiel Maulbeeren und Hanfsamen?? Hirsemehl und Hirseflocken würde ich mir ja noch zulegen 😉 Liebe Grüße, Bianca
ICH LIEBE DIESES REZEPT!!! muss ich unbedingt probieren! tja, gluten-uv ist so eine sache, aber wir wissen uns zu helfen und genießen trozdem. danke danke danke!
[…] ist er also, mein erster Gastbeitrag! Und zwar nicht nur mit einem neu kreierten Avocado-Nuss Brot Rezept, sondern vor allem mit […]
Ein super interessanter Beitrag! Mein großer Sohn leidet an Fruktose-/Glukose-Intoleranz, das beeinflusst natürlich schon auch die Ernährung von uns allen. Wobei mir auch unser Kinderarzt empfohlen hat, auf nichts vollständig zu verzichten, sondern eben immer alles nur in Maßen zu servieren und zu gucken, inwieweit er es verträgt. Damit fahren wir mittlerweile ganz gut. Aber es ist schon irgendwie blöd und absurd, wenn du einem 5jährigen sagst, er solle lieber noch einen Schokoriegel essen statt der saftig-süßen Erdbeeren… 😉
Einen herzlichen Gruß an euch beide,
die Therry
Hi Therry,
ich finde das von eurem Arzt einen sehr ganzheitlichen Ansatz! Denn so oft heißt es: Du hast Fruktore-Intoleranz also darfst du das das und das NIEMEHR essen. Dass das aber bei jedem Menschen individuell ausgeprägt ist, wird oft übergangen.
Deinen Kleinen wir der Schokoriegel jedenfalls freuen, oder 😉
Alles Liebe,
Conny
Oh, das ist ein sehr interessanter Bericht. Ich hab ja ’nur‘ Laktoseintoleranz, aber ich kenn diese irritierten Gesichter, wenn man nach der Frage „Und was passiert, wenn…“ erst einmal mit der nackten Wahrheit rausrückt 😉 Das Brot klingt spannend, da sind ja irre Sachen drin!
Liebe Grüße
Nadja