Manche Dinge stelle ich mir ziemlich gut vor. Einen Eierlikör-Rausch zum Beispiel. Denn wenn man bei einem leichten Damenspitzerl rein theoretisch aufstoßen muss, würde das ja nach Kuchen duften. Wie gesagt – rein theoretisch überlegt. So weit haben wir’s letzten Sonntag im Eierlikör-Tasting natürlich nicht getrieben. Und dennoch waren wir streng dabei.
Wusstest du übrigens, dass die Geschichte des Eierlikörs vor 300 Jahren im Amazonas begann? Die Ureinwohner des Regenwalds tranken ein Erfrischungsgetränk aus Avocados (!!!), das sogenannte Abacate. Wir Europäer mussten das Getränk natürlich gleich mit Alkohol strecken. Und weils bei uns damals noch keine Avocados gab, nahm Eugen Verpoorten einfach Eier, um den Geschmack zu imitieren. Cleverer Kerl, der Herr Verpoorten.
Vorgänger des Eierlikörs war ein Erfrischungsgetränk aus Avocado.
Schluss mit der Theorie – jetzt gehts ans Eingemachte. Denn dieses Mal habe ich wieder vier verschiedene Eierliköre ins Rennen um den Sieg geschickt: der Klassiker von Verpoorten, ein preisgekrönter Likör von Horvath’s Spezereyen Kontor aus Niederösterreich, ein Diskont-Eierlikör von Hofer und ein Selbstgemachter. Meine Juroren waren allesamt eingefleischte Eierlikör-Kenner (jedenfalls war unser Eierlikör-Fachjargon schon sehr ausgeprägt!) und brachten den unterschiedlichsten Hintergrund mit. Mit Albi und Lukas haben wir pure Manneskraft ins Damenkränzchen geholt. Miriam und Sonja unterstützten mich ebenso beim Fachsimpeln. Die Liköre wurden übrigens blind verkostet – niemand wusste, was in welchem Stamperl drin war.
Was macht einen guten Eierlikör aus – die Kategorien
Pro Kategorie konnten maximal fünf Punkte vergeben werden. Beim Eierlikör habe ich mir die folgenden Kategorien ausgedacht:
Aussehen
Eierlikör ist ja per se nicht unbedingt etwas Ästhetisches. Eine blassgelbe, dickliche Flüssigkeit hat halt nicht den imposanten Charakter einer Erdbeertorte. Und dennoch: Schön soll er schon aussehen. Daher achten wir beim der Optik auf eine schöne gelbe Farbe – nicht zu künstlich bitteschön – und eine gleichmäßige Cremigkeit durch und durch.
Duft
Der Weg in den Magen führt bekanntlicherweise über die Nase. Darum haben wir auch diese Kategorie in unsere Bewertung einfließen lassen. Der Eierlikör sollte schon fein süß und cremig duften, aber nicht zu künstlich. Wir erwarten uns einen sanften Duft nach Vanille, der einen schon richtig heiß aufs Trinken macht.
Konsistenz
Natürlich muss Eierlikör cremig sein. Hier ist die Balance zwischen einem Likör und einer feinen Vanillecreme genau zu treffen. Ist der Likör zu dünn, bleiben die Aromen nicht so gut im Mund hängen. Ist er zu dickflüssig, driftet er schnell ins Ekelige ab. Mit Konsistenz ist hier gemeint, wie sich der Likör auch im Glas verhält. Ober er sich am Rand festsetzt zum Beispiel.
Haptik im Mund
Nicht ganz dasselbe wie die Konsistenz ist der Verhalten des Likörs im Mund. Er sollte sich auf der Zunge schön cremig anfühlen und nicht sofort den gesamten Mundraum mit Alkoholgeschmack einnehmen. Auch Bröckchen im feinen Likör sehen wir nicht gern. Im Gegensatz dazu stehen wir auf eine geschmeidige, samtige Konsistenz.
Geschmack
Die Königsdisziplin! Würden wir bei den Tests mit Gewichtungsfaktoren arbeiten (was wir nicht tun, denn das würde die Endabrechnung zur unüberwindbaren Mathe-Aufgabe machen), wäre der Geschmack die wichtigste Kategorie. Schließlich trinkt man ja Eierlikör wegen seines Geschmacks willen. Denk ich mir. Wir wünschen uns vom Eierlikör eine sanfte Süße und einen feinen Geschmack nach Vanille und Aromen, die damit gut harmonieren. Der Geschmack sollte ausbalanciert sein und auf keinen Fall künstlich ausfallen.
Alkohol
Natürlich ist in Eierlikör Alkohol drin. Dennoch sind wir der Meinung, dass der Alkohol im Likör zwar eine tragende Rollen spielt, nicht aber unbedingt im Mittelpunkt stehen soll. Der Alkohol sollte da sein, aber nicht zu intensiv, nicht zu einnehmend. Fein ist es auch, wenn sich der Alkohol im Mund langsam entfaltet und nicht zu stark beim ersten Schluck mit der Tür ins Haus fällt. Und brennen wie beim guten alten Obstler sollte er bitte auch nicht.
Eierlikör im Test – die Teilnehmer
Eigentlich wollte ich ja meine keine Testreihe mit Salzburger Produkten fortsetzen, aber irgendwie schein Salzburg nicht unbedingt Eierlikör-Capital zu sein. Es findet sich einfach keiner, der aus der Region kommt. Darum habe ich meinen Horizont ganz schön erweitert.
- klassischer Eierlikör von Verpoorten aus Bonn
- preisgekrönter Eierlikör von Horvath’s Spezereyen Kontor aus Deutsch Wagram
- Diskont-Eierlikör von Riquet, den’s bei Hofer gibt
- selbstgemachter Eierlikör
Auf die Becher – fertig – los! Das sind unsere Gewinner
Platz 4 – Eierlikör von Verpoorten mit durchschnittlich 12 von 30 Punkten
Dieses Ergebnis hätten wir uns ganz ehrlich nicht erwartet. Der Klassiker unter den Likören und das Unternehmen, das Eierlikör zu uns nach Europa brachte, hat uns auf ganzer Linie enttäuscht. Zum einen nahm man absolut keinen Duft wahr. Zum anderen erschlug uns der Alkohol-Gehalt beim ersten Schluck beinahe. Generell hielten wir den verwendeten Alkohol für nicht besonders hochwertig, denn er brannte schon fast im Mund. Was eigentlich ganz okay wäre, wenn der Likör nicht so penetrant nach Ei schmecken würde. Klingt jetzt komisch, stimmts? Denn Eierlikör sollte ja nach Ei schmecken. Aber bitte nicht nach rohem Ei. Es schmeckt so, wie man ein Ei riecht, das in den Kuchen geschlagen wird. Und sonst nach relativ wenig – kaum nach Vanille oder Zucker. Einer unserer Tester meinte sogar, dass es an Mayonnaise erinnert. Schade! Mit 15 Euro liegt der Likör von Verpoorten im preislichen Mittelfeld bis oberen Segment.
Platz 3 – mein selbstgemachter Eierlikör mit durchschnittlich 20 von 30 Punkten
Ohja. Das tut weh. In your face, Foodblogger! Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass das mein erster Eierlikör-Versuch war. Und: es macht meine Testreihe natürlich umso glaubwürdiger, wenn das selbstgemachte Rezept nur auf den vorletzten Platz kommt. Leider konnte der Likör unsere Jury bei der Optik nicht überzeugen. Er war der blasseste von allen vieren und eher cremeweiß als Gelb. Einzig die Vanille-Samen konnten das Aussehen ein wenig herausreissen. Geschmacklich kam der selbstgemachte Eierlikör ins Mittelfeld: gelobt wurde der ausgewogene Vanille-Geschmack und dass er nicht zu süß war. Uneinig war sich die Jury im Alkohol-Grat. Den einen war er zu wenig, den anderen genau richtig. Auch spannend: Der selbstgemachte Eierlikör war der einzige, dessen Alkohol merklich nach was schmeckte. Beim Kosten waren wir uns nicht ganz einig, was es war. Vermutungen wie Obstler oder Kaffee lagen im Raum. Was es dann tatsächlich war, kannst du unten im Rezept nachlesen.
Platz 2 – Eierlikör von Riquet (Hofer) mit durchschnittlich 21 von 30 Punkten
Überraschung! Wer hätte gedacht, dass mich ein Eierlikör vom Diskonter auf den dritten Platz verweist und sich selbst den zweiten sichert? Der Eierlikör vom Hofer war der Überraschungsteilnehmer des Tastings und war wirklich lecker! Die Konsistenz war fein cremig und traf genau ins Schwarze. Auch der Geschmack überzeugte uns – wir einigten uns bei der Beschreibung auf „Everybody’s Darling“, also auf ein Exemplar, das bestimmt vielen Menschen schmeckt. Der Likör erinnert im Geschmack etwas an Weihnachten, vielleicht auch durch seine feine Mandelnote. Ein paar Punkte einbüßen musste der Hofer-Likör beim Alkohol. Der wurde als nicht sehr hochwertig empfunden und insgesamt hätten wir uns ein bisserl weniger Alkohol-Geschmack gewünscht. Dieser Eierlikör hat übrigens den Preis/Leistungs-Pokal gewonnen. Mit 3,99 Euro pro Flasche ist er bei weitem der Günstigste im Bunde.
Platz 1 – Eier-Creme-Likör von Horvath’s Spezereyen Kontor mit durchschnittlich 24 von 30 Punkten
Die letzten werden die ersten sein, heißt es, und auch hier ist das der Fall. Denn diesen Likör habe ich in letzter Sekunde noch bei Feinkost Kölbl mitgenommen. Der Likör punktet auf ganzer Linie mit einer solide hohen Wertung. Großer Vorteil: dieser Likör ist der einzige, der auch nach etwas riecht. Schon die Nase genießt mit, während alle anderen Liköre nach gar nichts duften. Der Eierlikör ist wunderbar cremig und breitet sich im Mund langsam aus. Genau so etwas wollten wir haben! Sein Geschmack erinnert fein an Kuchen und das Alkohol-Verhältnis ist sehr angenehm. Zum Schluss gibts aber noch zwei kleine Wermutstropfen festzuhalten: Der Preis ist ganzschön happig. Für meine Flasche habe ich satte 19,90 bezahlt. Außerdem findet man nirgendwo die Ingredienzien für den Eierlikör – er steht weder auf dem Etikett noch im Web. Vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen? Wir sind guter Dinge und hoffen, dass hier nicht mit künstlichen Aromen nachgeholfen wurde. Nichtsdestotrotz ist der Eierlikör von Horvath’s ein würdiger Gewinner! Gratulation!
Selbstgemachter Eierlikör – für etwa 500 Milliliter
Leider hat es mein Eierlikör nur auf den dritten Platz geschafft. Ich halte mir dennoch zugute (hach – das ist wirklich verzwickt, wenn man sich selbst so etwas sagen muss!), dass die Zutatenliste überschaubar und hochwertig ist. Was man ja bei anderen Herstellern nicht so genau beurteilen kann.
- 5 Eigelb
- 125 g Staubzucker
- 200 g Schlagobers
- 100 ml weißer Rum (ich habe einen länger gereiften Havana Club-Rum genommen)
- Mark von 2 Vanilleschoten
Zuerst die Eigelb mit dem Staubzucker mit dem Schneebesen des Handrührgeräts oder des Standmixers 7 Minuten hellgelb aufschlagen. Dann den Schlagobers dazugeben und noch einmal 7 bis 10 Minuten schlagen. Die Masse sollte wunderbar fluffig und luftig sein. Nun den Rum und das Mark der Vanilleschoten dazugeben und unterrühren. Noch einmal durchmixen. Den Eierlikör in saubere Flaschen füllen und in den Kühlschrank stellen. Der Likör ist etwa 4 Wochen haltbar.
Ich würde dir übrigens empfehlen, keinen lange gereiften Rum zu verwenden, sondern eher einen jungen. Der Ältere hat einen intensiven Eigengeschmack, der beim Likör dann deutlich hervorschmeckt.
Tipp: Ich gebe die ausgekratzten Vanilleschoten mit in die Flasche, damit sie noch mehr Vanille-Aroma abgeben können.
7 Comments
Liebe Conny,
Vielen Dank für deine Tests! Schon den Krapfen-Test fand ich super informativ und toll zu lesen – besonders interessiert mich natürlich immer, welchen Platz dein Rezept einnimmt! 😉
Also: Weiter so, ich würde mich über weitere Tests freuen! 🙂
Liebe Grüße, Franzi
Hi Franzi,
ja dieses Mal hab ichs leider nur ganz knapp aufs Treppchen geschafft 🙁
Aber ich finds immer so aufregend, wie man die Unterschiede zwischen den Produkten erst dann schmeckt, wenn man sie direkt vergleicht. Ein Eierlikör für sich allein schmeckt meistens gut, aber wenn man dann mal vergleicht tun sich gravierende Unterschiede auf!
Es freut mich voll, dass dir meine kleine Test-Reihe so gefällt! Ich tüftel schon an weiteren Ideen wie zum Beispiel Erdbeermarmelade, Pudding, Tomatensauce oder Erdäpfelkäse (gibts den bei euch auch ?!)
Liebe Grüße,
Conny
Liebe Conny,
Tolle Ideen hast du! Da bin ich ja schon mega gespannt auf die neuen Tests!
Hihi, nein, Erdapfelkäse gibt es bei uns nicht – klingt aber … interessant 😉
Marmelade mag ich eigentlich NUR selbstgemachte, da bin ich ja mal gespannt, ob dein Test eine würdige Alternative bringen wird. Pudding fände ich auch spannend – vor allem das Rezept, ich habe Pudding nämlich erst einmal ohne Pulver gemacht… Tomatensauce finde ich auch klasse, wir machen meistens eine selber mit dem Thermomix.
Ein Thema was mir spontan noch einfällt wären Schokoladen-Brotaufstriche, das wäre bestimmt auch interessant zu sehen, wie die Marken und der selbstgemachte Aufstrich da abschneiden!
Liebe Grüße, Franzi
Hallo,
ja, ich kenn‘ da noch welche, die auch heimlich Fan vom preiswerten Eierlikör sind ;D
Und seit ich meinen Eierlikör nicht mehr mit Rum, sondern mit Wodka mache, findet er reißenden Absatz bei Familie und Freunden! Versuch’s vielleicht auch mal!?
Ich hatte noch nie Wodka probiert und hab‘ mal an einer Flasche bei meinem Bruder geschnuppert. Ich war baff: für mich roch das vor allem nach EIERLIKÖR! Hab‘ mir kurzerhand die Flasche geschnappt, bin nach Hause gestiefelt und habe Eierlikör zusammengerührt 😉 Und der war toll!!
Seither habe ich nie wieder mit Rum gearbeitet und wie gesagt: wenn es um Gastgeschenke geht, kommt sehr oft: ach, bring doch eine Flasche Eierlikör mit, ja!? 😀
Liebe Grüße und schöne Feiertage,
Yog
Hi Yog,
das war absolut der ausschlaggebende Punkt! Der Rum hatte einfach einen zu intensiven Eigengeschmack und hat ihn natürlich an den Likör abgegeben.
Spannend, dass du das sagst mit dem Wodka – das werde ich bestimmt ausprobieren, denn das kann ich mir gut vorstellen. Wodka hat ja ohnehin keinen wirklichen Eigengeschmack!
Liebe Grüße,
Conny
Hihi – das ist ja lustig!
Wir haben auch schon einmal ein Eierlikör-Blindverkosten veranstaltet. Anlässlich unserer Hochzeit. Und unglaullicherweise schnitt der Likör von Aldi am besten ab. Nicht zu sahnig, nicht zu süß.
Und uns gefiel es, dass er etwas stärker nach Alkohol schmeckte. Das machte das Trinken etwas besinnlicher und man hatte nicht das Gefühl, eine Dessertsoße zu trinken. Wir wollten doch noch etwas von unseren Hochzeitsgästen haben…
Ich wünsche dir schöne Ostern!
Prost,
Susanne
Hi Susanne,
das ist ja witzig! Ja bei uns ist er auf den zweiten Platz gekommen. Den Preis/Leistungs-Sieg hat er aber auf jeden Fall eingeheimst 🙂
Ich wünsche dir auch ein tolles Osterfest und Prost,
Conny 🙂